Archiv für 'Kunstform'

CityLeaks Symposium

19. September 2011, Maurice Kusber

Am Donnerstag , den 22.09.11 findet im“Wohnzimmer“ des Motoki Kollektivs das Symposium des CityLeaks Festival statt. Ich bedanke mich für die Einladung als Redner , unteranderem auch mit Herrn Dr. Sascha Schierz , dabei zu sein.

 

Text;

Der öffentliche Raum als Ort des Dialoges, als Ort, den man selbst gestalten kann und in dem man sich alltäglich bewegt, ist Ausgangspunkt der Diskussion. Welche Bedeutung tragen urbane Praktiken und Strategien in der Aneignung von Raum? Welche Verhandlungen von Orten spielen im täglichen Miteinander ein Rolle und welche Bedeutung in der Auseinander- setzung kann Kunst dabei einnehmen?

Urban Art als Kunstform, die sich über die Interaktion mit dem Raum präsen- tiert, schafft ein großes Potenzial für Diskussionen über „öffentlichen Raum“. Neben dem thematisch offenen Ansatz findet auch eine Annäherung aus lokaler Perspektive statt.

Das CityLeaks Symposium lädt in angenehmer Wohnzimmeratmosphäre des Motoki-Kollektivs in Ehrenfeld zum Gespräch ein.

Moderation: Allan Gretzki

 

Link: http://www.cityleaks-festival.com/cityleaks-symposium-2

Sehr interessant.

2. September 2011, Maurice Kusber

Sind die Arbeiten von Banksy nationales Kulturgut?

Denkmal aus der Dose

Alain Bieber
1. September 2011

Oz, Hamburgs bekanntester Graffiti-Sprüher, wurde Ende Juli zu 14 Monaten Haft verurteilt – insgesamt saß der heute 61-Jährige in den vergangenen Jahrzehnten wegen Sachbeschädigung mehr als acht Jahre im Gefängnis. Sie wisse nicht, ob das Kunst sei, es sei ihr aber auch vollkommen egal, urteilte die Hamburger Richterin: „Wir unterhalten uns über Sachbeschädigung und das ist ein Straftatbestand. Und wenn die Kunst die Eigentumsrechte verdrängen dürfte, könnten Eigentümer sie nicht einmal mehr entfernen.“ Auch in England gab es im Juni einen ähnlichen Fall: Tox, selbsternannter „King of Taggers“, der seinen Namen über Jahre hinweg in ganz London sprühte, wurde dort zu 27 Monaten Haft verurteilt. Tox sei kein Banksy. Er habe nicht dessen künstlerischen Fähigkeiten und müsse aus diesem Grund offenbar seinen Schriftzug so häufig wie möglich verbreiten, so der Ankläger.

Die Antwort auf diesen Angriff folgte sofort – von Banksy höchstpersönlich. An eine Londoner Hauswand (Ecke Jeffreys Street / Kentish Town Road) sprühte er ein Kind, das den Schriftzug „Tox“ aus Seifenblasen formt. Ironie, Hommage oder nur wieder ein weiterer medialer Scoop von Banksy, dem „Street-Art-Superstar“ (Zeit), dem „berühmtesten Street Artist der Welt“ (Süddeutsche Zeitung), dem „Künstler-Guerillero im Großstadt-Dschungel (Bild). Sein Film Exit Through the Gift Shop wurde für den Oscar nominiert und die Kunstzeitschrift „Art Review“ gab Banksy im Jahr 2008, in ihrer Liste der 100 einflussreichsten Kunstprotagonisten, den Platz 63 – vor Maurizio Cattelan, Louise Bourgeois und John Baldessari. Es war kein Zufall, dass plötzlich die ganze Welt wusste, dass sogar das amerikanische Schauspielerpaar Brad Pitt und Angelina Jolie Arbeiten von ihm kaufte. Bis heute gehört diese Nachricht zu einem Standardnebensatz für alle Artikel über Banksy. Anders als die meisten Künstler, für die meist ein Galerist alle Belange regelt, hat Banksy schon früh die Dienste einer professionellen PR-Agentur in Anspruch genommen. So erfährt man auch, dass er zum Beispiel kürzlich eine Benefizauktion für die inhaftierten russischen Kunstaktivisten Voina veranstaltete.

Die neueste Sensationsmeldung lautet: Die Werke von Banksy sollen unter Denkmalschutz gestellt werden. Es ist der britische Jurist John Webster der dies fordert, schließlich hat er an der Universität Bristol seine Doktorarbeit mit dem Titel „Should the work of Banksy be listed?“ veröffentlicht. Darin spricht er sich dafür aus, die Wandarbeiten von Banksy zum nationalen Kulturgut zu ernennen. Webster begründet dies mit den hohen Preisen auf dem Kunstmarkt, dem internationalen Bekanntheitsgrad Banksys und der Tatsache, dass in einer Online-Bürgerbefragung die Anwohner des Stadtteils Bristol, dem angeblichen Geburtsort des Sprayers, zu 93 Prozent für den Erhalt stimmten. „Man kann sagen, dass seine Werke, aufgrund ihrer politischen und sozialen Aussagen eine kulturelle Bedeutsamkeit für die heutige Gesellschaft haben“, schreibt Webster. „Die Öffentlichkeit hat angedeutet, dass dies erhalten und damit auch konserviert werden muss.“

So abwegig die Idee, Banksy unter Denkmalschutz zu stellen, zunächst einmal klingen mag, sie ist es für englische Verhältnisse keineswegs: Bereits der Zebrastreifen, den die Beatles mit dem Plattencover ihres Albums „Abbey Road“ weltberühmt machten, steht auf der Liste der erhaltenswerten Kulturgüter.

In Deutschland gibt es rund 1,3 Millionen Kulturdenkmäler, darunter zum Beispiel ein Kopfsteinpflaster in Eutin, Reiterstandbilder in Berlin oder das Universitätsklinikum in Aachen. Das bayrische Denkmalschutzgesetz besagt: „Denkmäler sind von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.“ Alles ziemlich dehnbare Begriffe, also warum nicht auch Street Art unter Denkmalschutz stellen?

Doch so verlockend dieses Konzept auch erst einmal klingt, eine Grundproblematik bleibt bestehen: Wann wird ein Kunstwerk so bedeutend, dass es für die Nachwelt erhalten werden muss? Warum Banksy und nicht Oz oder Tox? Und wer möchte es sich anmaßen, dies zu entscheiden? Verwaltungsbeamte, Bürger, Kuratoren? Verkannte Künstler gab es zu jeder Epoche. Einer der letzten war zum Beispiel der tschechische Fotograf Miroslav Tichý, der Frauen beim Sonnenbaden mit selbstgebastelten Kameras dokumentierte und dafür acht Jahre lang in psychiatrischen Einrichtungen saß. Er führte das Leben eines Obdachlosen. Es dauerte lange, bevor der internationale Kunstzirkus Tichý entdeckte und Gefallen an seinen Werken fand. Geschichte wurde schon immer von Gewinnern geschrieben und es sind meist die Gewinner, die über Kulturdenkmäler entscheiden. Banksy selber wäre vermutlich gegen diese Form von Protektionismus. Graffiti und später Streetart, sind als politische und künstlerische Ausdrucksformen einer Subkultur entstanden, deren Reiz gerade in der Vergänglichkeit der Werke liegt und die sich den Museumstempeln erfolgreich verweigern. Sie würden durch den Denkmalschutz plötzlich eine absurde Form von Musealisierung im öffentlichen Raum erleben. Und würde diese Form der teilweisen Legalisierung nicht sogar zum Ende der Kunstform beitragen?

Doch auch irrwitzige Pointen wären denkbar: Wer ein Graffito entfernen wollte, müsste sich plötzlich aufgrund von Vandalismus eines denkmalgeschützten Kulturguts vor Gericht verantworten. Sprüher könnten plötzlich Hausbesitzer verklagen. Welche Umkehrung der Geschichte!

 


Die Bild der Kunst von Félice Gritti

Banksys Film „Exit Through the Gift Shop“ wird am 27. Februar in das Rennen um den Oscar als bester Dokumentarfilm gehen – der vorläufige Höhepunkt eines beispiellosen Hypes. Der britische Street-Artist fasziniert seit Jahren. Nun muss er sich die Frage nach seiner Glaubwürdigkeit gefallen lassen.
Link:http://www.artnet.de/magazine/sind-die-arbeiten-von-banksy-nationales-kulturgut/#.Tl_qIGUxyJI.facebook

Szene zwischen Kunst und Kriminalität

3. November 2010, Maurice Kusber

Von Nicolas Gaspers | 31.10.2010, 17:41

Aachen. «Was ist der größere Vandalismus, der Beton oder die Farbe darauf?», fragt Lars Kessler, bekannter Sprayer der Aachener Graffiti-Szene, in die Runde. Genau diese Frage stellte man sich kürzlich im Atelierhaus Aachen.

Unter der Moderation von Nadya Bascha, der Geschäftsführerin des Künstlerzentrums, diskutierten Vertreter der Politik, Kulturschaffende und Besucher in einer offenen Podiumsdiskussion die Kontroversen der polarisierenden Kunstform aus.

Kilometerlange Außenflächen

Eingeleitet wurde die Diskussion durch einen Film und eine Präsentation. Hier bekamen die Besucher einen Eindruck, wie vielseitig Graffiti sein kann. Eine Menge Fotos zeigten verschiedenste Wandkunstwerke aus aller Welt. Unter anderem auch Bilder aus anderen deutschen Städten, wie etwa Bochum oder Gladbeck, in welchen es bereits kilometerlange Außenflächen für Sprayer gibt.

Solche Flächen soll es nun auch wieder in Aachen geben. Der entsprechende Antrag ist bereits gestellt. Die Initiatorin Maike Schlick, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Rat, stand dazu Rede und Antwort. Denn es gibt nicht nur Befürworter.

Zu den Kritikern zählen jedoch nicht nur verärgerte Anwohner, die vielleicht noch ihre eigene Hauswand vor Augen haben, auf welcher ein «Tag» – so werden in der Szene die verschachtelten Namenszüge genannt – prangt. Selbst Freunde der Szene sehen die Legalisierung bestimmter öffentlicher Flächen kritisch.

«Ich weiß nicht, ob sich die Aachener Graffiti-Szene selbst einen Gefallen tut, wenn sie zulässt, dass sich Politiker oder Behörden einmischen», merkte ein Besucher an. Eine Kunstform, die als frei anerkannt werden wolle, müsse sich durch immer enger werdendere Vorgaben einschränken lassen. Das sei ein Widerspruch in sich.

«Aber durch freigegebene Flächen verringert man vielleicht die Art von Graffiti, die nicht als Kunst gewünscht wird, weil sie nicht ansprechend und gestaltend ist. Wenn sich solche Tags auf einen bestimmten Wandabschnitt begrenzen lassen, verschwinden vielleicht die Schmierereien im öffentlichen Stadtbild», hoffte eine Besucherin.

Lars Kessler warnte vor solchen Hoffnungen: «Es wird vermutlich immer zwei Gruppen in der Szene geben. Die, die es als Kunst ausleben und gestalten wollen, und die andern, die einfach nur provozieren wollen.»

Auch legale Flächen würden diese Sprayer nicht davon abbringen, illegal zu sprühen. «Denen geht es nicht um das gemalte Bild. Die wollen Nachts rausgehen, ihre Tags an einen Zug sprühen, und vor der Polizei wegrennen. Legale Flächen bieten kein Adrenalin», meinte Kessler.

Aber die vielen anderen, die unter diesen Gruppen selbst am meisten litten, könnten sich auf solchen Wänden künstlerisch ausdrücken. Speziell für sie sei es schade, dass es in einer Kulturstadt wie Aachen bisher keine Möglichkeit gebe, ihrer Passion nachzugehen. «Es geht vor allem darum, dieser Kunstform eine höhere Wertschätzung zuteil werden zu lassen», betonte Maike Schlick.

Link: http://www.az-web.de/lokales/aachen-detail-az/1448682?_link=&skip=&_g=Szene-zwischen–Kunst-und-Kriminalitaet.html

Artikel im KSTA , Januar 2010..

31. Januar 2010, Maurice Kusber

Langwieriger Ersatz

U-Bahn-Kunst zerstört

Von Matthias Pesch, 27.01.10, 18:59h, aktualisiert 27.01.10, 19:02h

Das Werk „Urbane Strukturen“ an der KVB-Station Piusstraße ist seit seinem Entstehen im Jahr 1989 mehrfach von Graffiti-Sprayern beschädigt worden. Der Künstler Gerd Winner muss jetzt sogar einen Teil ersetzen.

..

U-Bahnkunst

Bild verkleinern
Graffiti-Sprayer haben die Großstadt-Szenen von Künstler Gerd Winner schon mehrfach zerstört. (Bild: Bause)

Ehrenfeld – Die Debatte über Kunst im öffentlichen Raum ist neu entbrannt, seit die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) in der vorigen Woche die geplante künstlerische Gestaltung von vier der acht Nord-Süd-Bahnhaltestellen vorgestellt haben. Der renommierte Künstler Gerd Winner, sozusagen der Pionier der Kölner U-Bahn-Kunst, hat seine ganz eigenen Erfahrungen mit diesem Thema gemacht: Sein Werk „Urbane Strukturen“, mit dem 1989 an der Ehrenfelder Piusstraße erstmals eine unterirdische Station in Köln künstlerisch gestaltet wurde, ist in den vergangenen Jahren von Graffiti-Sprayern immer wieder beschädigt worden – und zwar so massiv, dass Winner jetzt einen Teil der unwiederbringlich ruinierten Kunstwerke ersetzen muss.

„Als ich die Schäden zum ersten Mal sah, war ich sprachlos“, sagt der 73-Jährige, der in Liebenburg im Harz lebt. Seit der Installation Ende der 1980er Jahre hätten sich immer wieder Sprayer am Kunstwerk betätigt – laut Winner allerdings zunächst nur auf den metallenen Freiflächen zwischen den Bildern, die Nachtszenen aus verschiedenen Großstädten zeigen. Erst zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 habe es „richtige Inszenierungen“ gegeben, „da begannen die massiven Zerstörungen auch der Bilder selbst“. Die Stadt war nach den Worten von Gerd Neweling, Leiter des Amtes für Brücken und Stadtbahnbau, von den Beschädigungen gleichfalls überrascht. In früheren Jahren, so Neweling, hätten Sprayer die Werke anderer Künstler verschont. „Von diesem Paradigmenwechsel in der Szene sind wir kalt erwischt worden.“

Seitdem hat die Stadt mehrere Versuche gestartet, die Bilder – eine Verbindung von Malerei, Fotografie und Siebdruck – zu reinigen. Teils mit mehr, teils mit weniger Erfolg. Knapp zehn der Farbtafeln sind laut Winner inzwischen so beschädigt, dass sie nicht mehr restauriert werden können. Er arbeite derzeit an neuen Bildern – ebenfalls Stadtansichten – , die auf die zerstörten Tafeln gesetzt werden sollen. Vier weitere Tafeln sollen restauriert werden, die übrigen Bilder wurden nach den Worten Newelings nach dem zweiten Graffiti-„Anschlag“ mit einer Schutzschicht versehen und könnten jetzt „mit relativ geringem Aufwand“ gereinigt werden. Die neuen Tafeln werden laut Neweling noch zum allergrößten Teil von der Versicherung bezahlt; für die Restaurierung müsse die Stadt aufkommen. Winner geht davon aus, dass die Arbeiten in etwa einem halben Jahr erledigt sein werden.

Der Künstler plädiert trotz seiner negativen Erfahrungen nachdrücklich für Kunst im öffentlichen Raum. „Es wäre katastrophal, wenn wir vor den Sprayern kapitulieren würden“, so Winner. Es sei darüber hinaus wichtig, dass sich nicht nur Kultur-Interessierte in Museen mit Kunst auseinandersetzen, sondern „auch die einfachen Menschen in der U-Bahn“. Amtsleiter Neweling sieht das ähnlich, fordert aber, dass solche Kunst künftig zwingend von Beginn an mit entsprechendem Schutz versehen werden müsse.

Link:http://www.ksta.de/html/artikel/1264185788349.shtml

News aus Minden

25. März 2009, Maurice Kusber

Kreativität unter Atemschutz

Städtische Jugendpflege und Verein Streetart bieten Graffiti-Lehrgang an / „Legaler Spaß“


Porta Westfalica-Möllbergen (GS). Die Osterferien beginnen zwar erst Anfang April, doch in Möllbergen gab es bereits jetzt einen vorgezogenen Ferien-Workshop. An zwei Tagen lud die städtische Jugendpflege in Zusammenarbeit mit dem Verein „Streetart“ zu einem Graffiti-Lehrgang in den Jugendtreff ein.
Von Gisela Schwarze

Foto: Gisela Schwarze
Als Graffiti-Experten hatte der Jugendpfleger Joachim Dobrinski den 26-jährigen Hahlener Christian Leistner engagiert. Er verschrieb sich bereits mit zwölf Jahren den farbenfreudigen, großflächigen Bildern oder Schriftzügen aus den Sprühdosen.

Die sechs Workshop-Teilnehmer im Alter von zwölf bis vierzehn Jahren zeigten sich von der Sprühtechnik fasziniert. Sie hatten bis zum Lehrgang und ihrer ersten Begegnung mit Graffiti keine Ahnung von der Vielzahl der aufzusetzenden Sprühdüsen, die mal schmal, mal breit oder vernebelt gewünschte Formen auf die vorbereiteten, weiß grundierten Holzplatten zauberten. Das kreative Sextett mit Florian Anders, David Althoff, Felix Neef, Jacomo Krause, Johannes Kühme und Felix Schmidt hatte riesigen Spaß daran, sich nach der Anleitung von Christian Leistner künstlerisch zu betätigen.


„Dieser Spaß hier bei uns ist legal“, so der Graffiti-Fachmann von „Streetart“. Ein Film über die Sprühkunst gab zusätzliche Anwendungstipps. Weil der Workshop auch eine Übernachtung beinhaltete, hatten Joachim Drobrinski und seine Schützlinge genügend Zeit, sich ausgiebig auszutauschen.

In den Räumen vom Jugendtreff Möllbergen an der Schierholzstraße und auch auf dem Hof war während des künstlerischen Schaffens Frischluft Mangelware. Das Wetter machte auch die Betätigung unter freiem Himmel möglich.

Der penetrante Geruch der Farben aus den Sprühdosen überlagerte alle natürlichen Düfte. Mit Atemschutzvorrichtungen ausgerüstet, nahmen die Jungen den intensiven Farbgeruch jedoch nicht wahr. Die Künstler waren ohnehin auf ihre Werke konzentriert, denn die durften sie mit nach Hause nehmen.

Dass Graffiti in der öffentlichen Wahrnehmung vielfach als Vandalismus betrachtet werden, erfuhren die Jugendlichen selbstverständlich auch. „Unerlaubtes Anbringen von Graffiti ist illegal und kann als Sachbeschädigung bestraft werden“, mahnten Joachim Dobrinski und Christian Leistner. Dringender Wunsch der gesamten Gruppe war es daher, demnächst ganz legal auf bestimmten öffentlichen Flächen oder Gebäuden sprühen zu dürfen.

Link: http://mt-online.de/mt/lokales/porta_westfalica/?sid=4239bbd866dc610f955f4db530c0ca94&cnt=2916223

Potsdam(Brandenburg) will neue Wege gehen.

29. Dezember 2008, Maurice Kusber

Stadt will Graffiti als Kunstform fördern

Zweitägige Veranstaltung in der einstigen Skaterhalle ohne Zwischenfälle aber mit viel Farbe an den Wänden / Seemann: Bis März soll Konzept mit legalen Graffiti-Wänden im Stadtbild stehen (28.12. 2008)

Innenstadt – Die Stadtverwaltung will Graffiti als eigenständige Kunstform aktiv fördern. Das sagte die Fachbereichsleiterin Kultur und Museum, Birgit-Katharine Seemann am Rande der zweitägigen Kunstaktion in der vor dem Abriss stehenden Skaterhalle am Wochenende. Mehr als 300 vornehmlich Jugendliche kamen an beiden Tagen, um zu sprayen, Musik zu machen und zu hören oder Solidarität zu zeigen.

„Wir wollen deutlich machen, dass Hip Hop als Kultur und Kunst auch Platz braucht in Potsdam. Dazu gehört, dass wir für legale Graffiti-Wände kämpfen“, sagte Benjamin Bauer, Veranstalter der zweitägigen Aktion. Die Forderung scheint mittlerweile nicht mehr auf taube Ohren in der Stadtverwaltung zu stoßen. Seemann bestätigte, dass bis März ein Graffiti-Konzept für Potsdam stehen soll, in dem legale Wände zum Sprayen aufgelistet werden. Dazu hat Bauer bereits eine Liste vorbereitet, auf der 16 geeignete Flächen aufgeführt sind. „Zuallererst müssen die natürlich sichtbar sein und nicht versteckt“, so Bauer. Kunst müsse schließlich gesehen werden. Außerdem benötige man mindestens zehn Quadratmeter Größe um ein anständiges Bild entwerfen zu können. Geeignete Wände befänden sich laut Bauer am alten Betonwerk in der Nähe des Bahnhofs Rehbrücke, bei den ehemaligen Kasernen an der Nedlitzer Straße oder an der Schallmauer im Kirchsteigfeld.

Birgit-Katharine Seemann sagte, in den nächsten Wochen wolle man mit Eigentümern und Anwohnern der benannten Wände in Gespräche treten. „Da braucht es Toleranz und Respekt auf beiden Seiten“, betonte die Fachbereichsleiterin, die vor allem darauf einwirken will, „dass endlich mehr über Inhalte als über Konflikte geredet wird“. Graffitis müssten als Kunstwerke endlich Anerkennung finden, „im Sommer haben wir an der Schiffbauergasse eine Spray-Aktion veranstaltet, da sind wunderbare Sachen entstanden“, sagte Seemann.

Sie verwies auf die österreichische Hauptstadt Wien, die ein „absolut gelungenes Beispiel im Umgang mit Graffitis geschaffen hat“. Die durchaus konfliktträchtige Situation zwischen historischen Bauten und Jugendkultur sei vergleichbar mit der von Potsdam. Die Wiener böten im Internet einen Wegweiser mit allen legalen Spray-Flächen an, gleichzeitig sind die Wände im Stadtbild mit einem Piktogramm gekennzeichnet. „Dazu gibt es Regeln, zum Beispiel, dass leere Spraydosen natürlich entsorgt werden müssen.“ Das Wiener Konzept funktioniere, wie sie erfahren hat. Ähnliches wünscht sich die Kultur-Fachbereichsleiterin auch für Potsdam.

Veranstalter Benjamin Bauer begrüßte die gegenseitige Annäherung, machte aber auch deutlich, dass andere Konflikte noch nicht geklärt seien. So stehe die Anzeige der Stadt wegen der im November unerlaubten Nutzung der damals schon geschlossenen Skaterhalle für eine Party immer noch. Die Staatsanwaltschaft erklärte, derzeit noch zu ermitteln. „Warum ist die eine Party, die ebenso gut organisiert und friedlich war, eine Straftat, die andere, die wir jetzt am Wochenende feiern aber nicht? Warum kommt bei der einen eine Hundertschaft, während bei der anderen zwei Polizisten ausreichen, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist?“ Bauer forderte, dass der „unsachgemäße“ Polizeieinsatz aufgeklärt werde. Des weiteren ist die Situation der in Potsdam durchaus beachtlichen und aktiven Skaterszene unbefriedigend – erst recht nach der Schließung der Skaterhalle. „Wir haben nun kein Winterquartier.“ Das Wetter ermögliche nur bedingt Freiluft-Skaten. „Wenn überhaupt bleibt uns derzeit nur die Anlage im Garten des Lindenparks, aber auch die ist draußen und bei Kälte und Eis nicht nutzbar“, so Bauer. Deshalb wolle man für eine neue Skaterhalle kämpfen.

Die Graffiti-Bilder, die an den Wänden der alten Skaterhalle entstanden sind, sollen in einer Dokumentation den geplanten Abriss des Gebäudes überleben, kündigte indes die Kultur-Fachbereichsleiterin Birgit-Katharine Seemann an.

Kay Grimmer

Quelle:http://www.pnn.de/Pubs/potsdam/pageviewer.asp?TextID=16895

Seitenanfang

Seitenanfang