Archiv für April 2015

Vorüberlegungen zur Notwendigkeit des Kölner Stammtisch Jugendarbeit

16. April 2015, Maurice Kusber


Autor: Maurice Kusber, 04/2015 

Kölner Stammtisch Jugendarbeit

 

Zur Notwendigkeit eines Kölner Stammtisch Jugendarbeit

 

Die Antwort auf die Frage: „Was ist Jugendarbeit?“, konnte seit deren Aufkommen in den 1960er- Jahren durch Vertreter der Erziehungswissenschaften für die Profession und die Disziplin der Sozialen Arbeit zielführend herausgearbeitet werden. Theorien einer bedürfnisorientierten, emanzipatorischen und subjektorientierten Jugendarbeit fanden praktische und konzeptionelle Umsetzungen, die sich an den Bedürfnissen, Interessen und Erfahrungen Jugendlicher orientieren. Die konzeptionelle Ebene (Cliquen-, Sozialraum- und Lebensweltorientierung) stärken das Profil und die Konturen von Jugendarbeit. Dieses fachliche Profil ermöglichte seinen Vertretern die Standpunkte einer emanzipatorischen und subjektorientierten Jugendarbeit, in den Auseinandersetzungen mit den immer wiederkehrenden Strömungen einer sozialen Kontrolle und Erziehung zur Anpassung zu vertreten (vgl. Scherr/ Sturzenhecker, S. 369). Kinder- und Jugendarbeit[1] fungiert seitdem als eigenständiges sozialpädagogisches Handlungsfeld und umfasst „ alle außerschulischen und nicht ausschließlich berufsbildenden, vornehmlich pädagogisch gerahmten und organisierten, öffentlichen, nicht kommerziellen bildungs-, erlebnis- und erfahrungsbezogenen Sozialisationsfelder von freien und öffentlichen  Trägern, Initiativen oder Arbeitsgemeinschaften“ (Thole 2000, S. 23). Der Bezug zu den individuellen Bedürfnissen, das widerständige Potential von Jugendkulturen, sowie die Bezugnahme von Jugendlichen als soziale Wesen im Rahmen sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Werte, sind elementare Grundpfeiler der Jugendarbeit.  Die rechtliche Grundlage der Jugendarbeit bildet das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG-Sozialgesetzbuch VIII) und definiert die Aufgaben insbesondere in §11. Als Schwerpunkte der Jugendarbeit können nach § 11 die außerschulische Jugendbildung, internationale Jugendarbeit, die arbeitswelt-, schul- und familienbezogene Jugendarbeit, Kinder- und Jugenderholung, Jugendberatung, sowie die Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit benannt werden. Zu den Zielen der Jugendarbeit zählen unteranderem die „Unterstützung Jugendlicher bei der Kultivierung ihres Eigensinns, bei der Entwicklung und Realisierung von Entwürfen eines guten eigenen Lebens und von Vorstellungen über eine anstrebenswerte Gesellschaft“ (Scherr/ Sturzenhecker 2014, S. 369).

 

Die Konturen dieses gegebenen Verhältnisses (Subjekt- und Demokratiebildung in der Jugendarbeit gerahmt im Spannungsfeld einer politischen Einverleibung der Institutionen der Jugendarbeit), erfahren momentan eine unangenehme Aktualität.  Jugendarbeit wird durch Sozialpolitik, Sicherheitspolitik und Bildungspolitik vermehrt als ein Instrument der Befriedung von delinquentem Verhalten, sowie der Unterstützung von formaler Bildung beansprucht. Der Fokus liegt dabei auf der Reproduzierbarkeit der nachwachsenden Generationen im Fahrwasser von (inter)-national stattfindenden, neoliberalen Humankapitaldiskursen.

Im Folgenden soll es darum gehen sich zutragende Strömungen zu hinterfragen und weiterhin Möglichkeiten einer an der Lebenswelt orientierten Jugendarbeit aufzuzeigen. Zur Diskussion stehen die gesellschaftlichen,  strukturellen und ökonomischen Bedingungen des Aufwachsens Jugendlicher. Wo liegen zukünftig die Chancen einer Jugendarbeit als Ort der Reflexion dieser Verhältnisse unter der Bezugnahme des Eigensinns von Jugendlichen? Eine an der Lebenswelt der Jugendlichen sich orientierende Jugendarbeit, benötigt weiterhin gut funktionierende Bedingungen subjektive Handlungsfähigkeit erwachsen zu lassen. Selbstbewusstsein, Selbstbestimmungsfähigkeit und Bildung sind die Basis einer ganzheitlichen Subjektbildung.

Letztendlich stellt sich auch für die Zukunft der Jugendarbeit die Frage, welche außerschulischen und sozialpädagogischen Möglichkeiten Jugendlichen weiterhin gegeben werden können und in welcher Gesellschaft wir eigentlich leben wollen.

Literatur:

Thole, Werner (2000): Kinder- und Jugendarbeit. Eine Einführung. Weinheim und München: Juventa

Scherr, Albert/ Sturzenhecker, Benedikt (2014): Jugendarbeit verkehrt. Thesen gegen die Abwicklung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit durch ihre Fachkräfte. In: deutsche Jugend. 62.Jg. 2014, Heft 9, S. 369- 376.


[1] Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung wird im Laufenden Text  der Begriff „Jugendarbeit“ benutzt, er schließt aber auch die Arbeit mit Kinder ein und ist daher im Sinne einer zusammengehörigen „Kinder- und Jugendarbeit“ zu verstehen.

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