Die Landeshauptstadt Stuttgart verfolgt eine neue Strategie im Kampf gegen illegale Sprüher: Jetzt soll ein Kriterienkatalog für die Standortauswahl legaler Werke erarbeitet werden.

Stuttgart.  Die Landeshauptstadt Stuttgart verfolgt eine neue Strategie im Kampf gegen illegale Sprüher: Jetzt soll ein Kriterienkatalog für die Standortauswahl legaler Werke erarbeitet werden.

. Graffitis gelten als Ärgernis – zumindest dann, wenn sie illegal an Wände gesprüht werden. 2009 gingen bei der Stuttgarter Polizei rund 2700 Anzeigen wegen Sachbeschädigung ein, allein das städtische Tiefbauamt gab 250 000 Euro für die Beseitigung der Farbsprühereien aus. Die Landeshauptstadt versucht nun, die Szene etwas zu lenken. Es sollen mehr öffentliche Flächen für legales Sprühen zur Verfügung gestellt werden. Sie müssen aber bestimmte Kriterien erfüllen.

Die Kosten für die Reinigung der Fassaden sind in der Landeshauptstadt in den vergangenen rapide gestiegen: 2005 und 2006 hat das Stuttgarter Tiefbauamt jeweils um die 130 000 Euro dafür ausgegeben, 2007 etwa 150 000 Euro, 2008 schon 215 000 Euro. 2009 schließlich waren es bereits 248 000 Euro. Und das nur, um Schmierereien an Bauwerken entlang von belebten Straßen und Wegen zu entfernen. „Städtische Gebäude wie Schulen sind da noch nicht mal dabei“, betont Werner Pfisterer vom Tiefbauamt. Im vergangenen Jahr standen – aufgrund des strikten Sparkurses – nur 200 000 Euro zur Verfügung.

Seit 2004, als der Polizei 965 größere Farbschmierereien gemeldet wurden, ist die Zahl der Anzeigen wegen Sachbeschädigung kontinuierlich gestiegen. Der Trend aber scheint nun gestoppt, meint Polizeisprecher Jens Lauer. Nach dem „Rekordjahr“ 2009 mit 2689 Anzeigen geht die Polizei von weniger Delikten im vergangenen Jahr aus – exakte Zahlen für 2010 liegen erst in einigen Wochen vor. Das müsse jedoch nicht heißen, dass die Graffiti weniger geworden seine, räumt Lauer ein. Die Dunkelziffer in diesem Bereich sei hoch.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, setzt die Stadt Stuttgart auf legale Graffiti. Ausgewählte Unterführungen wurden bereits freigegeben. Die Erfahrungen sind laut Pfisterer gut, diese mit künstlerischen Ambitionen gestalteten Wände würden das Stadtbild bereichern. Die Grünen im Gemeinderat wagen daher einen weiteren Vorstoß: Stuttgart soll – wie bereits andere deutsche Städte – dem Beispiel Wiens folgen. Dort stellt die Stadt freie Flächen zur Verfügung, im Gegenzug verpflichten sich die Sprayer, ausschließlich dort zu sprühen und den Arbeitsplatz sauber zu hinterlassen. Laut der Wiener Kriminalpolizei ging die Zahl der Sachbeschädigungen durch Graffiti seit dem Projektstart 2005 zurück.

„Die Legalisierung von Flächen ist die einzige Möglichkeit, auch in Stuttgart dieser Subkultur Raum zum Ausdruck zu geben“, sagt Grünen-Stadtrat Peter Svejda und verweist auf den Deutschen Städtetag. Der rechnet vor, dass 40 Prozent der illegalen Graffiti durch legale Alternativen verschwinden würden. Die Flächen, so Svejda, sollten bestimmte Kriterien erfüllen, um sowohl die Sicherheit der Sprayer zu garantieren, als auch ihren Ansprüchen gerecht zu werden.

Diesen Katalog, der klare Rahmenbedingungen definiert, hat die Stadtverwaltung nun vorgelegt. Bauwerke sind demnach dann für legale Graffiti geeignet, wenn die Fläche mindestens 100 Quadratmeter groß ist; sie sollten gut erreichbar und abseits von Straßen und Gleisen liegen sowie ausreichend Abstand zu Fußgängerwegen haben. Die Frischluftzufuhr muss, wegen der in der Farbe enthaltenen Lösungsmittel, gewährleistet werden; die Müllentsorgung durch die Stadtreinigung möglich sein. Das klingt simpler, als es offenbar ist: Die drei von den Grünen vorgeschlagenen Standorte jedenfalls hat die Verwaltung gleich abgelehnt. Weder der Eingangsbereich zur ehemaligen Fußgängerunterführung beim Wagenburgtunnel, noch die Rampenwand an der Haltestelle Staatsgalerie und auch nicht eine Brückenwand beim Hauptbahnhof würden die Kriterien für ein ungestörtes Arbeiten erfüllen. Pfisterer räumt ein, dass die Messlatte hoch liegt. Aus gutem Grund: Die jahrelangen Erfahrungen mit der „Hall of Fame“ beim Cannstatter Wasen würden zeigen, dass in der Szene solche selbstverpflichtenden Regelungen nicht von allen Beteiligten akzeptiert würden. Dennoch ist er optimistisch, dass im Stadtgebiet zahlreiche Flächen zum legalen Besprühen gefunden werden. Vorschläge sollen von den Jugendlichen selbst kommen.

Link: http://www.swp.de/goeppingen/lokales/stuttgart_und_region/art5592,816300

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